Stell dir vor, es ist kein Fußball und einige gehen doch hin ...

Katar3"Selber schuld", werden einige sagen. Was fliegt man auch im Juni in die katarische Hauptstadt Doha, wo es bekanntermaßen zu dieser Jahreszeit unmenschlich heiß ist. Und wo man deswegen die Fußball-WM-Endrunde, offiziell FIFA World Cup, von normalerweise Juni/Juli auf November/Dezember verlegt hat. So wird sich manch geschätzter Leser unserer Homepage fragen, was macht denn dann SMA-Generalsekretär Josef Langer dort? Die Antwort: zum einen an der AIPS Awatrds Zeremonie am Sonntag teilnehmen, wo es übrigens mit Heidi Iro erstmals ein österreichischer Beitrag unter die Top 3 geschafft hat; und zum anderen, um an einer Sitzung der AIPS Exekutive teilzunehmen und, Montag und Dienstag, die beiden noch offenen (und alles entscheidenden) interkontinentalen WM-Play Off-Spiele Neuseeland gegen Costa Rica und Australien gegen Peru um die letzten Tickets für "Doha 2022" zu sehen. Diese beiden Spiele finden, ebenso wie die Award-Feier, im Khalifa-Stadion von Doha, dem Nationalstadion Katars, statt. Wo es etwa 3000 Düsen gibt, aus denen die Temperatur im Stadion von 50 auf 30 Grad bzw. von 30 bis auf 20 Grad heruntergekühlt werden kann. Nicht der einzige Kritikpunkt an dem Projekt "WM in Katar". Lesen Sie dazu einen Beitrag unseres Generalsekretär unter "Weiterlesen".

WM-Lokalaugenschein in Katar: Selber schuld

Wenn man am Hamad-Airport von Doha landet und nicht an einen "Finger" andockt, wo man vom klimatisierten Flugzeug gleich in den klimatisierten Flughafen-Bereich gehen kann, sondern die Maschine irgendwo draußen parkt und man ins Freie hinaus MUSS, macht man schon die erste Bekanntschaft mit der Hitze in diesem Land am Persischen Golf zu dieser Jahreszeit. Sie ist zwar bei weitem nicht so feucht wie etwa die in Singapur oder Hongkong, aber sie ist extrem. Unglaublich, unmenschlich, eigentlich nicht zu ertragen. Kein Wunder, dass man die Fußball-WM 2022, die normalerweise anderswo gerade jetzt starten würde, auf die vier Wochen vor Weihnachten verlegt hat. Auch wenn es noch zwei Play-off-Spiele um die letzten WM-Tickets hier gibt, ist an Fußball bei Tageswerten von 45 und Nachttemperaturen nicht unter 30 Grad Celsius eigentlich nicht zu denken.

Dass die AIPS die Sieger:innen des weltweiten Sportjournalisten-Preises, für den es im vierten Jahr über 1700 Einreichungen aus 133 Ländern gegeben hat, in Doha ehrt, hat zwei Ursachen. Zum einen den Ukraine-Krieg. "Wir wollten die Verleihung heuer eigentlich in Florenz machen", sagt AIPS-Präsident Gianni Merlo, "aber durch den Krieg erschien es uns als sicherer, sie nicht in Europa abzuhalten." Zum anderen schießt der katarische Sportjournalisten-Verband jährlich eine stolze Summe für diesen Preis zu. Denn Katar ist in der arabischen Welt politisch ziemlich isoliert. Das fällt auch auf, wenn man sich die Airlines ansieht, die Doha anfliegen bzw. nicht. Aus Europa zum Beispiel keine Lufthansa, keine Air France, keine KLM, lkeine Iberia, keine Swiss, und auch keine AUA. All diese Länder werden von Qatar Airways angeflogen. Doha ist damit zu einer der wichtigsten Flugverkehrs-Drehscheiben der Welt geworden, ähnlich wie Dubai. Und die Vereinigten Arabischen Emirate sind gewissermaßen der große Bruder, den man hier in Katar allseits nachahmt.

Was wird das heuer für eine WM werden? Man hat in den letzten Jahren eine hochmoderne Metro gebaut. Drei Linien (die 24-Stunden-Karte kostet übrigens umgerechnet läppische 1,60 Euro), und jede von ihnen fährt zu einem der acht WM-Stadien. Man ist innerhalb von 40 Minuten, egal von wo in der Stadt, bei einem dieser acht WM-Schauplätze. Was aber auf die Fans zukommt, steht auf einam anderen Blatt. Die Einreise in Katar ist relativ mühsam, weil man sich auf "Ehteraz" registrieren, die App sownloaden und diese immer bereit halten muss. So darf man  nur mit der Metro fahren, wenn man "Ehteraz" hat. Und Gnade Gott, wenn einmal der Akku leer ist. Ausgedruckte Impfzertifikate, selbst der Reisepass, sind unwichtig - "haben Sie Ehteraz?" wird man allerortens gefragt. Und, für die Fans noch schlimmer: Alkohol ist in Doha tabu. In meinem Hotel zum Abendessen wollte ich ein Bier trinken - Fehlanzeige. "Kein Alkohol", meinte der freundliche Kellner ohne Wenn und Aber.

Ja, es fühlt sich schon irgendwie eigenartig an, im Land einer Fußball-WM zu sein, die in weniger als einem halben Jahr startet, das aber - und zu Recht - auf Grund von Menschenrechtsverletzungen und zum Teil katastrophalen Arbeitsbedingungen für die Menschen hier unter schwerer Kritik steht. Schuld daran ist in erster Linie die FIFA, die diese WM an Katar vergeben hat. Sollte man eine WM unter solchen Bedingungen boykottieren, oder auch eine AIPS-Feier, wie etwa schon vom holländischen Sportjournalisten-Verband initiiert? Italien und Österreich haben auf ihre Weise protestiert - sie haben sich nämlich sportlich nicht für diese Endrunde qualifiziert. Sollen aber z.B. Länder wie England, Deutschland, Spanien, Brasilien oder Argentinien deswegen ihre WM-Teilnahme absagen?

Dann wären sie selber schuld - so wie die paar Leute und ich, die wegen der AIPS Awards nach Doha reisen oder schon gereist sind ...

Joe Langer

Katar1

 

 

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